Wann darf man Gerichtstermin absagen wegen Krankheit?

Wann darf man Gerichtstermin absagen wegen Krankheit?
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Inhaltsverzeichnis

Eine Anhörung im Gericht – egal ob als Zeuge oder Beklagter – ist ein wichtiger Termin. Doch was tun, wenn die Gesundheit nicht mitspielt? Je nach Schweregrad der Erkrankung gilt ein Betroffener als verhandlungsunfähig. Lesen Sie hier, welche Kriterien erfüllt sein sollten, um einem Gerichtstermin wegen Krankheit fernzubleiben. Erfahren Sie außerdem den Unterschied zwischen verhandlungsunfähig, vernehmungsunfähig bzw. terminunfähig – und welche Rolle ein ärztliches Attest dabei spielt.

Darf ich wegen Krankheit einem Gerichtstermin fernbleiben?

Das Gericht allein entscheidet nach entsprechendem Beschluss, ob jemand wegen Krankheit einem Gerichtstermin fernbleiben darf. Erkrankte haben hierbei kein Mitspracherecht. Ob Verfahren, Zeugenanhörung oder Hauptverhandlung: Das Gericht lädt Zeugen und Beklagte – und nur der zuständige Richter entscheidet individuell, ob der Termin stattfindet oder nicht.

Ein wichtiges Kriterium bei dieser Entscheidung bildet ein ärztliches Attest. Mediziner haben dabei die Rolle eines Gutachters inne. Sie legen in dem Attest dar, ob und warum ein Betroffener nicht am Gerichtstermin teilnehmen kann. Damit das Attest vom Gericht anerkannt wird, muss es bestimmte Kriterien erfüllen.

Was bedeutet verhandlungsunfähig?

Verhandlungsunfähig heißt, dass der erkrankte Angeklagte aufgrund von schweren körperlichen oder seelischen Krankheiten nicht an einem Gerichtstermin teilnehmen kann. Der Begriff „verhandlungsunfähig“ bezieht sich also alleinig auf den Angeklagten, nicht etwa auf am Verfahren beteiligte Zeugen.

Selbst bei gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen des Angeklagten kann das Gericht am Termin festhalten und die Abwesenheit des Angeklagten per Beschluss ablehnen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Verhandlungsführung oder die Länge der Verhandlung an den gesundheitlichen Zustand des Betroffenen angepasst werden kann.

Um eine Verhandlung zu verschieben oder eine endgültige Verfahrenseinstellung zu erwirken, muss der Verteidiger einen Antrag auf die vorläufige Einstellung des Verfahrens stellen (gemäß § 205 Abs. 1 StPO).

Interessant: Bei Angeklagten, bei denen wahrscheinlich ist, dass sie das Urteil aufgrund von einer lebensbedrohlichen Krankheit nicht erleben, wird häufig ein Antrag auf gänzliche Einstellung eines Verfahrens nach StPO gestellt.

Was bedeutet vernehmungsunfähig oder terminunfähig?

In einer Verhandlung werden alle Personen vernommen, die am Verfahren beteiligt sind. Dazu zählen unter anderem Zeugen und Gutachter. Wer vernehmungsfähig ist, muss sowohl körperlich als auch geistig in der Lage sein, vor Gericht Sinn und Inhalt der Fragen zu verstehen. Nicht jeder, der sich in Behandlung und Therapie befindet, ist vernehmungsunfähig.

Eine sogenannte Terminunfähigkeit liegt vor, wenn eine an der Verhandlung beteiligte Person gesundheitlich verhindert ist. Dies lässt sich mit einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit vergleichen.

Wichtig: Verhandlungsfähigkeit, Vernehmungsfähigkeit sowie Terminunfähigkeit sind verschiedene Dinge!

 VerhandlungsunfähigVernehmungsunfähigTerminunfähig
Wer?AngeklagterAlle am Verfahren beteiligtenAlle am Verfahren beteiligten
Was?Verhandlung kann aufgrund schwerwiegender medizinischer Gründe nicht stattfindenBeteiligter kann aufgrund körperlicher oder seelischer Gründe nicht vernommen werdenBeteiligter kann aufgrund von Krankheit nicht zum Gerichtstermin erscheinen (entspricht Arbeitsunfähigkeit)
BeispielLebensbedrohliche KrankheitPsychische ProblemeKrankenhausaufenthalt aufgrund von Blinddarm-OP
Attestpflicht?Ja (Amtsarzt)JaJa

Wann erhalte ich ein ärztliches Attest für das Gericht?

Ein Arztattest erhalten Erkrankte nur, wenn die Krankheit bzw. der Zustand des Betroffenen das Erscheinen vor Gericht unmöglich macht. Bei Verhandlungsunfähigkeit eines Angeklagten sind die Anforderungen an das ärztliche Attest meist höher als bei einer Terminunfähigkeit, die sich mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichen lässt. Meistens attestiert ein Amtsarzt die Verhandlungsunfähigkeit. Dabei muss das Attest, das dem Gericht vorgelegt wird, bestimmte Formalia erfüllen.

Diese Informationen müssen ins Attest

Der Arzt, der das Attest ausstellt, muss Sorge tragen, dass dieses alle formellen und inhaltlichen Kriterien erfüllt. Wird dem Gericht zur Hauptverhandlung ein unzureichendes Attest ausgestellt, kann sich der Arzt unter Umständen strafbar machen. Doch welche Inhalte sind gefordert?

  • Krankheit: Um welche Art der Erkrankung handelt es sich und wie hat der Mediziner sie diagnostiziert?
  • Pflichterfüllung vor Gericht: Schränken der gesundheitliche Zustand den Betroffenen darin ein, seine Interessen bei der Verhandlung wahrzunehmen?
  • Fahrt zur Verhandlung: Ist der Weg zur Verhandlung nicht möglich – und wenn ja, wieso nicht? Gibt es womöglich Alternativen?
  • Lebens- oder Gesundheitsgefährdung: Kann der Betroffene durch das Fernbleiben vor Gericht eine Gesundheits- oder Lebensgefährdung umgehen?

Der Inhalt des Arztattests ist jedoch nicht alleine ausschlaggebend. Von Relevanz für die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht ist ebenfalls der Diagnoseweg.

Verhandlungsunfähig – nicht per Ferndiagnose

Der Arzt muss die Verhandlungsunfähigkeit stationär feststellen. Für Atteste, die Aussagekraft vor Gericht haben, gelten höhere Sorgfaltsmaßstäbe. Eine Ferndiagnose, beispielsweise durch telemedizinische Methoden, ist daher nicht zulässig.

Die Entscheidung, ob ein Angeklagter verhandlungsunfähig oder ein Zeuge termin- bzw. vernehmungsunfähig ist, trifft stets das Gericht auf Basis des Attests. Wichtig ist, dass das Arztattest so aussagekräftig ist, dass sich das Gericht ein eigenes Bild machen kann.

Ist der Arzt durch das Verhandlungsunfähigkeitsattest von der Schweigepflicht entbunden?

Ja, die Rechtsprechung ist sich einig, dass der Betroffene den Arzt durch die Vorlage eines Attests von der Schweigepflicht entbindet. Hat das Gericht also konkrete Nachfragen zum Gesundheitszustand des Betroffenen, darf der Mediziner Auskunft geben (Urteil OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 120).

Verhandlungsunfähigkeit ist nicht gleich Vernehmungsunfähigkeit

Verhandlungsfähigkeit bezeichnet die Tatsache, dass ein Angeklagter aus medizinischen Gründen nicht an einem Verfahren teilnehmen kann. Vernehmungsunfähig sind alle Personen, die aufgrund von Erkrankungen nicht am Prozess teilnehmen kann.

Ob eine Person verhandlungs- bzw. vernehmungsunfähig ist, entscheidet allein das Gericht auf Basis eines ärztlichen Attests. Die Abwesenheit eines Beklagten oder eines Zeugen ist nur gestattet, wenn das Gericht einen Beschluss dazu gefasst hat. Dies ist beim Angeklagten erst möglich, wenn der Verteidiger einen entsprechenden Antrag stellt. Am Prozess Beteiligte treten direkt mit dem Gericht in Kontakt.