Aspirin als Blutverdünner: Sinnvolle Prophylaxe oder gefährlich?

Aspirin als Blutverdünner: Sinnvolle Prophylaxe oder gefährlich?
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Inhaltsverzeichnis

Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure ist besser bekannt als Aspirin und wird von Millionen Menschen täglich eingenommen. Doch nicht alle wollen bestehende Kopfschmerzen oder grippale Infekte damit behandeln. In den USA schlucken 40 Prozent der Menschen über 50 jeden Tag eine Aspirintablette. Der Grund ist, dass Aspirin als Blutverdünner wirkt und sie so das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte senken wollen. Schließlich werden diese durch verstopfte Arterien beziehungsweise verklumptes Blut in den Gefäßen ausgelöst. Doch ist es wirklich gesund, Aspirin als Blutverdünner einzunehmen?

Wie wirkt Aspirin?

Die Acetylsalicylsäure (ASS) in Aspirin wirkt schmerzstillend, entzündungshemmend und kann außerdem Fieber senken. Darüber hinaus verhindert Aspirin, dass Thrombozyten (Blutplättchen) im Blut verkleben, wodurch die Blutgerinnung gehemmt wird. Der Wirkstoff ASS hemmt Enzyme, die schmerz- und entzündungsvermittelnde Botenstoffe im Körper transportieren. 

Aspirin ist in Form von Tabletten, Brausetabletten, Kautabletten sowie als Granulat erhältlich. Auch als Infusionslösung kann es, wenn nötig, verabreicht werden. 

Wie genau funktioniert Aspirin als Blutverdünner?

Um einen klassischen Blutverdünner handelt es sich bei Aspirin nicht, da das Blut weder verdünnt wird noch schneller fließt. Vielmehr ist es die Wirkung auf die Thrombozyten, die durch Aspirin weniger zusammenkleben und so kein Blutgerinnsel bilden können, wodurch ein ähnlicher Effekt wie bei „richtigen“ Blutverdünnern entsteht. 

Schon eine Aspirin-Tablette kann dazu führen, dass die Blutung einer Wunde für eine ganze Woche länger anhält und langsamer stoppt als ohne das Aspirin. 

Wieso kann Aspirin als Blutverdünner gefährlich sein?

Schon in einer niedrigen Dosis von 75 bis 100 mg kann Aspirin gegen das Verklumpen der Thrombozyten helfen. Täglich eine Tablette zu schlucken, wirkt daher wie ein bequemer Schutz vor Schlaganfällen, Thrombosen oder Herzinfarkten. Allerdings kann die regelmäßige Einnahme von Aspirin zu Blutungen im Magen, im Darm oder sogar im Gehirn führen. Das liegt am Eingriff des Wirkstoffs in die Blutgerinnung. 

Durch die veränderten Gerinnungseigenschaften des Blutes durch Aspirin verschließen sich Wunden langsamer und Blutungen halten länger an. Bei größeren Verletzungen kann das problematisch werden und falls eine Operation durchgeführt werden muss, sogar gefährlich.

Weitere Risiken von Aspirin sind:

  • Höheres Risiko für Herzversagen
  • Höheres Risiko für Herzinsuffizienz
  • Darm- und Magengeschwüre
  • Asthmaanfälle
  • Nierenschäden

Welche weiteren Nebenwirkungen hat Aspirin? 

Zu den weiteren Nebenwirkungen von Aspirin gehören:

  • Magenschleimhautentzündung, da Aspirin die Magenschleimhaut angreift
  • Sodbrennen
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Rote Flecken unter der Haut
  • Nasenbluten
  • Zahnfleischbluten
  • Hautausschlag
  • Eisenmangel (nach längerer Einnahme)
  • Unterzuckerung
  • Schwindel
  • Verwirrtheit
  • Hörstörungen

Schon geringe Mengen ASS belasten die Nieren sowie die Schleimhaut im Magen und können zu schweren Blutungen führen.

Wichtig

Jede positive Medikamentenwirkung kommt immer auch mit Nebenwirkungen daher. Das gilt für Aspirin sowie für alle anderen Arzneistoffe auch.

Für wen kann die Einnahme von Aspirin als Blutverdünner sinnvoll sein?

Bei Personen mit gewissen Risikofaktoren kann die Einnahme von Aspirin als Blutverdünner vertretbar sein. Diese Risikofaktoren sind zum Beispiel gegeben, wenn Menschen ein begründetes Risiko haben, in den nächsten zehn Jahren einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden. Dieses Risiko hängt ab vom Alter eines Menschen, von seinem Lebenswandel sowie von seinen bestehenden Erkrankungen, wie zum Beispiel:

  • Diabetes
  • Bluthochdruck
  • Erhöhte Cholesterinwerte

Bei diesen Indikatoren kann die Gabe von Aspirin in niedriger Dosis (max. 100 mg pro Tag) ebenfalls sinnvoll sein:

  • Vorbeugung eines erneuten Herzinfarkts
  • Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße und daraus resultierende Herzschmerzen
  • Nach einer Gefäßoperation, zum Beispiel Bypass, Stent-Implantation etc.
  • Vorbeugung einer Mangeldurchblutung des Gehirns, wenn bereits erste Anzeichen dafür vorliegen

Wichtig

Das größte Problem bei der Einnahme von Aspirin als Blutverdünner ist, dass viele Menschen dies ohne ärztliche Rücksprache machen. Gesunde Menschen ohne Risikofaktoren müssen nicht regelmäßig Aspirin schlucken, um sich vor Schlaganfällen zu schützen.

Aspirin kann bei gewissen Risikofaktoren vorbeugend nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden, sollte jedoch nicht täglich von gesunden Menschen ohne Risikofaktoren geschluckt werden © Photographee.eu | Adobe Stock

Was sollten Sie bei der Einnahme von Aspirin als Blutverdünner beachten?

Bevor Sie Aspirin als Blutverdünner einnehmen, sollten Sie unbedingt mit Ihrem Arzt sprechen. Dieser sollte Ihre Krankheitsgeschichte kennen, Ihr persönliches Risiko für Schlaganfälle oder einen Herzinfarkt abschätzen und darauf achten, dass Ihr Blutdruck unter 140/90 mmHg liegt.

Was es zu beachten gilt, ist:

  • Nehmen Sie nicht mehr als ärztlich verordnet.
  • Befolgen Sie die Vorgaben zur Einnahme zum Beispiel vor operativen Eingriffen. Vor diesen sollten Sie nämlich mindestens fünf Tage lang kein Aspirin eingenommen haben. 
  • Auch wenn Sie eine Überempfindlichkeit gegen ASS haben, sollten Sie auf die Einnahme von Aspirin verzichten.
  • Während der ersten sechs Monate der Schwangerschaft sollte Aspirin vermieden werden – im letzten Trimester ist es tabu, da sonst das Blutungsrisiko für Mutter und Kind während der Geburt zu hoch ist.
  • Bei bestehenden Magen- und Darmgeschwüren ist Aspirin möglicherweise nicht das Mittel der Wahl.
  • Wer unter Asthma leidet, sollte vor der Einnahme von Aspirin als Blutverdünner ärztliche Rücksprache halten.
  • Liegen Funktionsstörungen der Leber und/oder Nieren vor, ist Vorsicht angesagt.
  • Störungen der Blutgerinnung machen die Einnahme von Aspirin ebenfalls problematisch.
  • Bei der parallelen Einnahme von Gerinnungshemmern muss die Gabe von Aspirin ebenfalls medizinisch abgeklärt werden.
  • Auch bei der Einnahme von anderen Arzneistoffen muss auf die Wechselwirkungen geachtet werden. Schon die Einnahme von einer geringen ASS-Dosis kann zum Beispiel mit der parallelen Einnahme von Ibuprofen kollidieren, da beide Wirkstoffe an denselben Rezeptoren ansetzen.

Wichtig

Wenn Ihnen Ihr Arzt zur Einnahme von Aspirin als Blutverdünner rät, dann setzen Sie es nicht auf eigene Faust ab, auch nicht, wenn eine Operation ansteht. Sprechen Sie dafür immer erst mit Ihrem Arzt. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten, nach dem plötzlichem Absetzen von prophylaktisch eingenommenem Aspirin ein erhöhtes Risiko für einen weiteren Infarkt hatten.

Aspirin und Darmkrebs: Prophylaktische Wirkung?

Insbesondere unter Ärzten in Amerika geht der Trend dahin, geringe Dosen Aspirin als Blutverdünner zu empfehlen. Ärzte in Deutschland sind damit deutlich zurückhaltender. Eine Studie der Harvard-University in den USA legt nahe, dass nach einer sechsjährigen, regelmäßigen Einnahme von Aspirin das Darmkrebsrisiko leicht sinkt, was auf die antientzündliche Wirkung zurückgeführt werden kann. Deutsche Wissenschaftler sehen diesen Umstand jedoch nicht ausreichend belegt und raten von einer Darmkrebsprophylaxe durch Aspirin ab.

Wie werden Blutverdünner und sonstige Medikamente überflüssig?

Grundsätzlich gilt, dass sowohl Darmkrebs als auch Gerinnungsstörungen auf natürlichem Weg und ohne Medikamente vorgebeugt werden kann, nämlich indem gesund leben als Priorität gesetzt wird. 

Das bedeutet:

  • Eine ausgewogene Ernährung
  • Viel Bewegung
  • Regelmäßiger Sport
  • Nicht rauchen
  • Alkoholkonsum nur in Maßen 
  • Übergewicht reduzieren

Faktoren wie Übergewicht oder eine schlechte Ernährung führen zu Gefäßverkalkungen, was wiederum das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte erhöht. Wer gar nicht erst an diesen Punkt gelangt, der muss auch kein Aspirin zur Prophylaxe einnehmen. 

Ebenfalls wichtig ist, regelmäßig zur Vorsorge bzw. generell zum Arzt zu gehen und sich auf Erkrankungen wie Darmkrebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc. untersuchen zu lassen. Je früher Krankheiten erkannt werden, desto eher kann mit einer Behandlung bzw. Therapie begonnen werden.

Fazit: Aspirin als Blutverdünner kann helfen, birgt aber auch Risiken

Aspirin hilft nicht nur bei Kopfschmerzen, sondern gilt auch als Medikament, mit dem Blutgerinnseln vorgebeugt werden kann. Dabei kann die Einnahme von Aspirin als Blutverdünner gefährlich sein, schließlich hat das Medikament Nebenwirkungen. Es kann zu Blutungen im Verdauungstrakt, Nierenschäden oder Asthmaanfällen führen. 

Als gesunder Mensch vorsorglich auf eigene Faust Aspirin einzunehmen, ist aus medizinischer Sicht nicht empfehlenswert. Vielmehr sollte das persönliche Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt mit dem behandelnden Arzt besprochen und gegebenenfalls darauf reagiert werden. In gewissen Fällen kann die regelmäßige Einnahme von Aspirin als Blutverdünner sinnvoll sein. Noch besser ist, wenn auf natürlichem Wege Blutgerinnseln vorgebeugt wird, nämlich durch Bewegung, gute Ernährung sowie dem Verzicht auf Alkohol und Zigaretten.