Gesundheitsurlaub – Die Kur der Moderne

Gesundheitsurlaub – Die Kur der Moderne
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Die Zahl der gebuchten Wellness-Urlaube geht langsam zurück, doch an ihre Stelle tritt ein neuer Trend: Gesundheitsurlaub. Dabei handelt es sich um eine Art moderne Kur in ansprechenderer Verpackung: gesunde Ernährung, sportliche Aktivitäten und medizinische Anwendungen sind integrale Bestandteile, doch die Angebotsvielfalt ist nahezu grenzenlos.

Gestressten Großstädtern und Vollzeit-Berufstätigen reichen Wellness-Anwendungen wie Massagen, Entspannungsbäder und Dampfsauna nicht mehr aus. Nicht nur der Kopf soll im Urlaub abschalten, auch der Körper soll wieder fit für den Alltag gemacht werden. Das Zauberwort heißt Gesundheitstourismus. Laut Deutschem Tourismusverband sei diese Art des Verreisens stark auf dem Vormarsch. Detox-Kurse statt Buffet, Heilfasten statt Cocktail-Flatrate an der Hotelbar. Dazu kommen zwar auch die üblichen Wellness-Anwendungen, aber zusätzliche Sprechstunden mit Ärzten und Therapeuten, die sich den Wehwehchen der Gesundheitsurlauber annehmen, sollen das Programm abrunden. Auch die Tourismusbranche entwickelt sich in eine Richtung, die bereits in allen Bereichen des Lebens erkennbar ist: Gesundheit wird zum Lifestyle. Dies bestätigt der Branchenreport des Deutschen Tourismusverbandes.

Detox, Wasser
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Detox und Heilfasten statt fettigem Essen am Buffet.

Angebotsflut im Internet

Das Internet bietet eine schier unüberschaubare Menge an Reisen mit dem Fokus auf Gesundheit. Jeder will heutzutage gesund und bewusst leben, und der Markt reagiert mit den entsprechenden Angeboten darauf. Die moderne Gesellschaft fordert dem menschlichen Individuum einiges ab und auch die psychische Gesundheit steht immer mehr im Mittelpunkt, so dass die Reiseveranstalter auch spezielle Präventivmaßnahmen gegen Burn-out und Stress anbieten. Die Palette reicht von Entspannungs- bis Aktivreisen – stets mit dem Zweck, die körperliche und geistige Gesundheit der Urlauber zu verbessern.

Ob günstige Kurzaufenthalte oder kostspielige Fernreisen, die Größe des Geldbeutels soll nicht für das Wohlbefinden entscheidend sein. Während Kuren früher noch vom Arzt verordnet wurden, entscheidet im Zuge der Selbstoptimierung heutzutage jeder für sich selbst, wann eine Erholungsphase angebracht ist und kann sich den Gesundheitsurlaub sofort über das Internet buchen. Bewertungsportale helfen dabei, die schlechten Angebote auszusortieren, damit der Urlaub letzten Endes nicht doch noch in Stress ausartet.

LOHAS als Zielgruppe

Hinter Detox-Reisen und Yoga Retreats steht jedoch nicht nur der Wunsch der Urlauber nach Gesundheit und Entspannung. Die Branche hat längst erkannt, dass sich aus den neuen Bedürfnissen mit darauf angepassten Angeboten durchaus beträchtliches Kapital schlagen lässt. Neben Kurorten und Heilbädern versuchen immer mehr Urlaubsdestinationen, den sich ständig verändernden Ansprüchen gerecht zu werden. Für den Deutschen Tourismusverband  ist klar: dies passt alles perfekt zur Gruppe der LOHAS. LOHAS ist die Abkürzung für Lifestyles of Health and Sustainability und steht für eine Gruppe von Menschen, deren Lebensführung besonders auf Gesundheit und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Sie sind auf der Suche nach einem Gegenpol zu der Hektik der Großstädte und der zunehmenden Digitalisierung des Alltags und sehnen sich, zumindest im Urlaub, nach Bodenständigkeit, Authentizität und Natur. Der Körper und dessen Gesundheit fungiert dabei als Investitionsobjekt, und die Hotels und Reiseveranstalter versuchen dieses Potential zu nutzen.

Berg, Wandern
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Wandern ist eine der beliebtesten Aktivität unter Gesundheitsurlaubern

Entspannen und die Landschaft genießen

In einer Studie des Mittelstands-Instituts der Hochschule Kempten wurde 2016 anhand der Region Allgäu und Kleinwalsertal untersucht, was denn nun wirkliche Motive für einen Gesundheitsurlaub sind. Dabei gaben mehr als 70% der Befragten an, dass Entspannung und eine malerische Landschaft zu den Hauptgründen gehören. Und dies kommt nicht von ungefähr, denn fast drei Viertel der Urlauber in der Region Allgäu/Kleinwalsertal nutzen den Urlaubszeitraum für Wanderungen, die damit auch die Hauptaktivität der Urlauber darstellt. Auch Schwimmen und Radfahren sind beliebte Aktivitäten. Nur jeweils knapp fünf Prozent der Befragten betreiben Nordic Walking oder Mountainbiking.

Auch Wellnessanwendungen und therapeutische Sitzungen, die rund 9 bzw. 3,5% der Befragten nutzen, stehen bei den Gesundheitstouristen in der Region Allgäu/Kleinwalsertal offensichtlich  nicht so hoch im Kurs.

Das bedeutet jedoch lediglich, dass auch Zeit in der Natur für viele einen gesundheitsfördernden Effekt besitzt. Da sich die Studie jedoch nur auf eine kleine Region bezieht, die zudem ohnehin viele Wanderer und Outdoor-Begeisterte anzieht, lassen sich anhand dieser keine allgemeingültigen Aussagen treffen.

Die altmodische Kur hat ausgedient

Den Kurorten bleibt auf lange Sicht nichts anderes übrig, als den neuen Bedürfnissen der Urlauber entgegenzukommen. Denn nach jahrelangem Ausdünnen übersteigt die Nachfrage vielerorts mittlerweile das Angebot. Die altmodische Kur scheint zwar keine Zukunft mehr zu haben, dafür entstehen neue Ideen und Pläne. Hier lautet das Stichwort Spezialisierung. Scheidegg im Allgäu lockt als glutenfreies Dorf Besucher an und am Tegernsee legen sich die besser Situierten für Schilddrüsen-OPs unters Messer. Oberstdorf wirbt mit Arthrose-Chirurgen und bietet gleich noch die passenden Arthrose-Wanderungen an. All das wird jedoch nur in den seltensten Fällen vom Hausarzt empfohlen oder sogar verschrieben, denn Gesundheitsurlauber wissen bereits vorher – oder meinen zu wissen – was ihnen fehlt und was sie brauchen.

Es bleibt abzuwarten, was sich die Tourismusbranche noch einfallen lässt. Es ist aber durchaus denkbar, dass sich schon in naher Zukunft auch bei Pauschalreisen das Flatrate-Bändchen für den Cocktail-Stand gegen eines für die Saftbar tauschen lässt.