Eiweißmythen: Die 10 häufigsten Irrtümer rund um Eiweiß

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„Eiweiße verursachen Nierenschäden und Alzheimer. Eiweiße – vor allem tierischen Ursprungs – machen dick.“ Diese und viele weitere Ernährungsirrtümer liest man immer wieder. Häufig sind die Eiweißmythen das Ergebnis von Vereinfachung und Fehlinterpretation wissenschaftlicher Studien. Was genau an den zehn häufigsten Eiweißmythen dran ist und wie Eiweiß tatsächlich Ihre Gesundheit beeinflusst, lesen Sie hier.

Was versteht man unter Eiweißmythen?

Es gibt viele Mythen darüber, wie Eiweiße in den alltäglichen Speiseplan zu integrieren sind und wie sie wirken. Beispielsweise sollen Eiweiße abhängig von Art und Menge teils gravierende Gesundheitsschäden hervorrufen. Häufig basieren solche Mythen jedoch auf Halbwissen – und sind nicht bewiesen.

Im Gegenteil: Eiweißmythen stehen manchmal sogar im direkten Widerspruch zu Meinungen und Empfehlungen von Medizinen oder Forschern. Während Mythen zufolge Eiweiß überdosiert zu Alzheimer oder Nierenschäden führen kann, warnen Mediziner – insbesondere bei älteren Menschen – vor den Folgen eines Eiweißmangels.

Manche Ernährungstipps in Zeitschriften, Fernsehen oder Internet können demnach sogar ihre Absicht verfehlen. Sie schützen das Wohlergehen nicht, sondern leiten unter Umständen zu gesundheitsschädlichen Verhaltensänderungen – wie dem Verzicht auf Eiweiße aus Angst vor Alzheimer. Damit Sie solche Trugschlüsse vermeiden und langfristig gesund bleiben, ist die Unterscheidung von Mythos und Wahrheit wichtig. Die Prüfung der zehn häufigsten Eiweißmythen hilft Ihnen dabei.

Welche Eiweißmythen sind am weitesten verbreitet und was ist dran?

Es existieren unzählige Eiweißmythen. Nicht nur bezogen auf die Arten von Eiweiß (tierisch, pflanzlich oder aus Nahrungsergänzungsmitteln) kursieren teils widersprüchliche Empfehlungen. Auch bezogen auf die Nebenwirkungen von Eiweiß werden Irrtümer verbreitet.

Dabei zählen Eiweiße (Proteine) neben Kohlenhydraten und Fetten zu den wichtigsten Bestandteilen der Nahrung. Proteine sind für einen gesunden Organismus und damit Ihre körperliche als auch mentale Leistungsfähigkeit unverzichtbar.

1. Mythos: Wir essen alle zu viel Eiweiß

Der erste Mythos bezieht sich auf die täglich konsumierte Menge an Proteinen. Angeblich essen Erwachsene zu viel eiweißreiche Kost. Das lässt sich pauschal nicht bestätigen.

Die – von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) – empfohlene Tagesdosis an Eiweiß liegt zwischen 19 und 65 Jahren bei 0,8 Gramm und bei einem Alter über 65 bei 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Für einen normalgewichtigen Erwachsenen unter 65 entspricht das einer Menge von 20 bis 25 Gramm Eiweiß je Mahlzeit. Für Senioren sind sogar einige Gramm mehr ratsam, um einem Mangel vorzubeugen.

Tatsächlich erfüllen vor allem ältere Menschen die DGE-Empfehlung oftmals nicht. Das kann die Vitalität auf verschiedene Weise beeinträchtigen, wie Studien zeigen. Das Problem liegt also nicht (nur) in einem Übergenuss von insbesondere tierischem Eiweiß, sondern ab einem Alter von 65 Jahren in einem Mangel. Dabei lässt sich der Speiseplan meist mühelos und kostenarm um eiweißreiche Lebensmittel erweitern. Folgende tierische Lebensmittel enthalten verhältnismäßig viel Eiweiß:

  • Eier
  • Fleisch
  • Fisch
  • Joghurt, Milch und andere Milchprodukte

Häufig unterschätzt, aber ebenso wichtig sind pflanzliche Eiweiße. Sie kommen sowohl in verschiedenen Getreidearten als auch in Hülsenfrüchten vor:

  • Brot und andere Getreideprodukte
  • Hülsenfrüchte wie Erbsen, Kichererbsen, Bohnen, Erdnüsse oder Soja

Möglicherweise sind Ernährungsirrtümer mitverantwortlich dafür, dass Menschen nicht ausreichend Eiweiß konsumieren. Übersäuerung ist dabei nur eine von vielen Nebenwirkungen, die Proteinen ungerechtfertigter Weise pauschal zugeschrieben werden.

Es gibt zahlreiche Lebensmittel, die eiweißreich sind. Neben Fleisch und Fisch sind zum Beispiel auch Hülsenfrüchte reich an Eiweiß.© PhotoSG | Adobe Stock

2. Mythos: Eiweiß führt zu Übersäuerung

Eiweiß soll – so der Mythos – das Säure-Basen-Gewicht durcheinanderbringen. Dies ist in der Tat möglich. Allerdings vor allem dann, wenn Sie ausschließlich tierisches Eiweiß wie Fisch, Fleisch und Milchprodukte essen. Wenn Sie aber pflanzliches Eiweiß, zum Beispiel aus Hülsenfrüchten, dazu reichlich Obst und Gemüse verzehren, bilden sich in Ihrem Körper viele Basen, die das saure Milieu ausgleichen und neutralisieren können.

Demnach ist auch diese Annahme nicht zu 100 Prozent bestätigt. Solange Sie auf eine ausgewogene Ernährung achten, ist das Risiko einer Übersäuerung aufgrund von Eiweißen sehr gering.

3. Mythos: Eiweiß belastet die Nieren

Ein weiterer Ernährungsmythos lautet: Proteine beanspruchen die Nieren stark. Nierenschäden sind bei gesunden Menschen aber allenfalls bei einer dauerhaften stark erhöhten Eiweißzufuhr zu befürchten.

Beim Verzehr von Eiweiß sollten Sie jedoch die DGE-Richtwerte im Kopf haben und künstliche Eiweiße in Form von Pulvern, Shakes oder Smoothies nur sparsam verzehren. Gesünder sind Eiweiße aus natürlichen Proteinquellen.

Achtung: Eine Ausnahme bilden bestehende Nierenschäden. In einem solchen Fall sollten Sie die Eiweißaufnahme drosseln und eng mit einem Arzt abstimmen.

4. Mythos: Eiweiß verursacht Alzheimer

Auch in der Prävention von mentalen Erkrankungen berufen sich manche Stimmen immer wieder auf Eiweiße. Die Entwicklung von Alzheimer beispielsweise steht tatsächlich in Verbindung mit Proteinen.

Alzheimer entsteht, wenn Eiweiß-Abbauprodukte, die so genannten Beta-Amyloiden, nicht mehr aus dem Gehirn abtransportiert werden. Aus diesen Resten bilden sich dann Plaques, die die Nervenenden im Gehirn erst verkleben und dann zerstören. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um Eiweiß, das Sie mit Ihrer Nahrung aufnehmen. Vielmehr sind es ganz normale Abbauprodukte, die in jedem Körper entstehen. Die Behauptung, der Verzehr von Eiweißen steigere das Alzheimer-Risiko ist also haltlos.

Wissenswert: Tatsächlich lässt sich durch den Verzehr von Eiern die Wahrscheinlichkeit für eine Alzheimererkrankung herabsetzen. Ihr Gehirn braucht Acetylcholin, um die Nervensignale im Gehirn richtig weiterzuleiten. Dieses wird unter anderem aus dem Stoff Cholin gebildet. Und der wiederum ist beispielsweise in Eiern oder Fischen enthalten – eiweißreichen Lebensmitteln.

5. Mythos: Eiweiß macht dick

Der Mythos, dass Proteine dick machen, widerspricht derzeitigen Diät-Trends. Gängige Programme reduzieren meist Kalorien, indem sie Kohlehydrate durch Eiweiße ersetzen. Das heißt jedoch nicht, dass der Eiweißgehalt einer Speise einzig entscheidend dafür ist, wie chancenreich eine Diät ist.

Denn, wenn Sie Ihre Eiweiße nur aus fettem Fleisch oder Wurst gewinnen, schaden Sie Ihrem Körper eher, als dass Sie ihm etwas Gutes tun. Beziehen Sie Proteine hingegen aus magerem Fisch und Geflügel, Hülsenfrüchten und fettarmen Milchprodukten, können Sie in der Tat Ihr Körpergewicht reduzieren. Diese Speisen machen Sie nicht nur satt, sie halten auch den Blutzucker stabil. So sind Sie vor plötzlichen Heißhungerattacken geschützt.

6. Mythos: Zu viel Eiweiß führt zu einem Eiweißschock

Eiweiß kann unter Umständen zu Verdauungsproblemen wie Blähungen, Durchfall oder einem aufgeblähten Bauch führen.gpointstudio | Adobe Stock

Wie bei den meisten anderen Lebensmitteln gibt es auch bei Eiweißen eine bestimmte Menge, die Sie täglich bedenkenlos verzehren können. Wenn Sie die empfohlene Menge von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht dauerhaft überschreiten, sind unerwünschte Nebeneffekte nicht auszuschließen. Für die Extremform der Nebenwirkungen hat sich der Begriff „Eiweißschock“ durchgesetzt. Er soll unter anderem durch folgende Symptome gekennzeichnet sein:

  • Blähungen
  • Durchfälle
  • Übelkeit und Erbrechen

Wissenschaftler lehnen den Begriff Eiweißschock allerdings ab. Dennoch gibt es vereinzelte Berichte unerwünschter Nebenwirkungen. Diese umfassen:

  • Auffälligkeiten der Niere
  • Gefäßanomalien (z.B. Bluthochdruck)
  • Verdauungsprobleme (z.B. Durchfälle, Blähungen etc.)

Aber: Solche Beschwerden entwickeln sich erst infolge einer chronischen Überdosierung von Eiweißen, was selten vorkommt. Mit rein natürlichen Eiweißen und ohne künstliche Ergänzungen ist ein Zuviel an Eiweiß in der Regel nicht zu befürchten.

7. Mythos: Eiweißmangel ist relativ ungefährlich

Die Bedeutung von Eiweiß für unseren Körper wird immer noch unterschätzt – ebenso unterschätzt wird der Eiweißmangel. Aber Eiweißmangel kann gravierende Folgen haben:

  • Abnahme der Knochendichte
  • Blutarmut
  • eingeschränkte Vitalität
  • eingeschränkte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
  • Herz-Kreislauf-Probleme
  • Immunschwäche und vermehrte Infekte
  • körperliche Schwäche
  • Schwellungen und Wassereinlagerungen (Ödeme)

Solche Beschwerden schreiben Patienten häufig Stress und unzureichendem Schlaf zu. In der Tat sind es aber häufig erste Anzeichen für einen reduzierten Eiweißspiegel. Wenn Sie solche Symptome beobachten, ist es daher ratsam, einen Eiweißmangel als Ursache mit in Betracht zu ziehen.

8. Mythos: Hühnereiweiß ist das beste natürliche Eiweiß

Das Weiße vom Ei galt lange Zeit als das reinste Eiweiß. Der Indikator dafür nennt sich biologische Wertigkeit. Sie gibt an, wie effizient sich Proteine aus der Nahrung in körpereigene Eiweiße umwandeln lassen und liegt für Hühnereiweiß bei 100 Prozent. Heute weiß man, dass das Molkenprotein ein noch etwas besserer Eiweißlieferant ist (104 Prozent). Kombiniert mit pflanzlichen Eiweißen, lässt sich die biologische Wertigkeit sogar auf weit über 100 Prozent steigern. Die Kombination aus Kartoffeln und Ei liegt bei 136, Kartoffeln und Quark haben einen Wert von 113, Mais und Eier von 114, Bohnen mit Ei immer noch eine Wertigkeit von 108.

Es braucht also für eine eiweißreiche Ernährung nicht nur Hühnereier. Mit Hülsenfrüchten, Getreide- und Milchprodukten lässt sich der tägliche Eiweißbedarf ebenfalls mehr als zufriedenstellend abdecken.

9. Mythos: Tierisches Eiweiß ist ungesund

Einen nennenswerten Anteil der täglichen Eiweißzufuhr decken in Deutschland fette Wurst und fetter Käse. Dieser Weg der Eiweißaufnahme ist ungesund. Es gelangt in Verbindung mit Fett in den Körper, das die Arterien verkalkt, die Fettzellen füllt sowie auf Dauer zu Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.

Das bedeutet aber nicht, dass tierische Eiweiße allgemein ungesund sind. Vielmehr geben viele Forscher an, tierisches sei das hochwertigste Eiweiß, das es gibt. Einen Beitrag zu Ihrer Gesundheit leisten tierische Proteine vor allem in Form von fettarmen Milchprodukten wie Molke, Hüttenkäse oder Joghurt. Auch mageres Geflügel und Fisch gelten gleichzeitig als proteinreich und gesund – sowie fettarm.

10. Mythos: Proteinpulver ist natürlichen Eiweißquellen vorzuziehen

Selbst wenn natürliche Eiweiße pflanzlicher oder tierischer Herkunft vollkommen ausreichend sind, um den Tagesbedarf an Proteinen zu decken, finden sich immer häufiger Eiweißpulver, Shakes, Smoothies und Riegel mit künstlich zugesetztem Eiweiß. Diese werden vorrangig von Sportlern für einen schnellen Muskelaufbau verzehrt.

Proteinpulver wird vor allem von Hochleistungssportler eingesetzt. Für normale Menschen ist dieses Pulver jedoch nicht nötig.Volodymyr Shevchuk | Adobe Stock

Häufig kommen in Eiweißpulvern und anderen Produkten Aminosäurehydrolysate zum Einsatz. Es handelt sich dabei um vorverdautes Eiweiß. Dieses soll viel besser verwertbar sein. Das stimmt – wenn Sie Hochleis­tungssportler sind und viele Muskeln haben, die als Eiweißspeicher dienen. Als „Normalmensch“ brauchen Sie dieses besondere Eiweiß nicht.

Einzig ein nachgewiesener Eiweißmangel macht den Einsatz diverser Eiweißpräparate erforderlich. Doch wirklich nachhaltig und gesund ist die Ernährung nur, wenn sie ohne solche Ergänzungen auskommt.

Wie unterstützen Eiweiße meine Gesundheit?

Eiweiße sind für die Funktion von Körper und Geist zentral. Proteine aus der Nahrung liefern dabei nicht nur das Baumaterial in Form von Aminosäuren, sondern stellen auch Energie bereit. Damit sind Eiweiße für den Muskelaufbau unverzichtbar, aber auch für Immun- und Nervensystem.

Proteine aus Nahrungsmitteln liefern wichtige Aminosäuren. Sie sind für die Gesundheit von großer Bedeutung, speziell für:

  • Haare
  • Knochen
  • Muskeln
  • Nägel
  • Organe

Damit ist klar: Eiweiße sind nicht nur für Sportler wichtig. Auch auf dem Ernährungsplan von körperlich Inaktiven oder weniger Aktiven sind sie unentbehrlich. Denn sie erfüllen wichtige Funktionen. Neben dem Muskelaufbau lassen sich durch eine ausreichende Eiweißzufuhr die Vitalität und Fitness als auch das Immunsystem und der gesamte Organismus stärken.

Fazit: Eiweiß – die Basis für einen gesunden Körper und Geist

„Zu viel Eiweiß löst Alzheimer oder einen Eiweißschock aus.“ Solche und weitere Eiweißmythen stufen Proteine als Bedrohung für die eigene Gesundheit ein. Häufig sind solche Aussagen haltlos, wie Studien belegen. Forscher zeigten beispielsweise, dass der regelmäßige Konsum von Proteinen aus Hühnereiern in der Prävention von Alzheimer hilft, anstatt die Krankheit auszulösen.

Auch, um langfristig gesund zu bleiben, gilt eine ausreichende Eiweißzufuhr als eine zentrale Stellschraube. Dabei ist eine Balance von pflanzlichen Eiweißen aus Hülsenfrüchten oder Getreide einerseits und Eiweißen tierischen Ursprungs wie Milchprodukte, Fisch, Fleisch oder Wurstwaren andererseits sehr ratsam. Wer unter chronischen Erkrankungen leidet, die Niere und Herz betreffen, sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufnehmen – der Mediziner kann medizinisch fundierte Auskunft über die empfohlene Eiweißmenge geben.